Die aktuelle Diskussion Diskussion um Plagiate an der Uni Klagenfurt hat mich nachdenklich gemacht und mich auch ein bisschen zum Recherchieren gebracht.
Erstens, schön dass endlich auch in Österreich die Diskussion geführt wird und plagierte universitäre Abschlussarbeiten kein Kavaliersdelikt mehr darstellen (das war vor einigen Jahren noch nicht so - eine Bekannte von mir wollte das Thema gegenüber der Direktion der FH - wo sie Arbeiten beteute - ansprechen und blitzte damals damit ab). Eine interessante Zusammenstellung zu dem Thema findet sich
hier.
Zweites überrascht es mich immer wieder. Ich bin wahrlich kein sonderlich moralischer Mensch, und ich habe oft unglaubliche Schreibblockaden. Trotzdem habe ich meine beiden universitären Abschlussarbeiten mit viel Müh und Krampf selbst geschrieben und wäre wahrlich nicht auf die Idee gekommen abzuschreiben (äh copy paste zu machen).
Aber ich sehe auch die andere Seite der Medaille. Mitte der 90er Jahre war es auf der Publizistik chic Diplomarbeiten über Öffentlichkeitarbeit von unterschiedlichen Institutionen zu schreiben (Is es vielleicht immer noch, nur weiss ich es halt nicht). Quasi verpflichtend war die Behandlung von Habermas (kommunikatives Handeln) im Theorieteil. Irgendwie waren diese Theorieteile immer sehr ähnlich aber nicht plagiert. Es mussten halt auch alle auf ähnliche Aspekte eingehen, weil die Themenstellung ja auch immer ähnlich war, und auch die gleichen Zitate wurden immer wieder verwendet. Ob alle AutorInnen wirklich Habermas im Original gelesen hab ist nicht zu beurteilen - soweit die Informationen von meiner damaligen Kollegin R.
Mittlerweile betreue ich selber fallweise Diplomarbeiten. Auch in meinem Fachgebiet muss ein theoretischer Aufriss geschrieben werden und meistens ist dies unendlich langweilig. Für die Betreeung einer Diplomarbeit habe ich 100 € erhalten. Mehr als drei Stunden sollte ich nicht investieren, aber dann kann ich sie weder lesen noch ein Gutachten schreiben. Ich mach es trotzdem, weil es Spass macht, und weil ich auch viel lernen kann. Ich versuche halt, nachzuvollziehen, ob meine Studierenden die theoretischen Texte auch verstanden haben - aber gefeit bin ich sicher nicht.
Und dann habe ich noch einen interessanten Artikel mit dem Titel:
Four Reasons to be Happy about Internet Plagiarism von Russel Hunt gefunden. Dieser hat mich dann noch ein bisschen angeregt.
- Hunt argumentiert, dass es wichtig wäre, Studierende auch den Prozess des Schreibens dokumentieren zu lassen, da kann man nicht so gut abschreiben. Das finde ich richtig und gut. Es bedeutet aber auch, dass BetreuerInnen sich Zeit nehmen und immer wieder auch Zwischenresultate einfordern. Besonders Leute, die gerne aufschieben hätten damit nicht nur eine Deadline (oder keine wie in Österreich üblich), sondern regelmäßige Termine, wo Arbeitsergebnisse abgeliefert werden müssen.
- Hunt meint weiter, dass Studierende nur an Noten interessiert sind und nicht an den Fähigkeiten, die sie durch das Arbeiten schreiben lernen sollen. Zusammengefasst könnte man sagen: es geht nicht um die Inhalte, sondern um den Titel. Und die Diplomarbeit ist nun einmal der Schlüssel zum Titel. Allerdings ist die Fähigkeit eine wissenschaftlche Abschlussarbeit zu schreiben, nicht das, was am Arbeitsmarkt gesucht wird, und somit besteht auch nicht wirklich ein Interesse dieses zu Erlernen
- Hunt sagt auch, dass das herkömmliche Wissensmodell der Gesellschaft (Wissen als gespeicherte Information) durch Plagiate in Frage gestellt werden. In meinem Zweitstudium habe ich gelernt den Zusammenhang zwischen Wissen und Kompetenz zu sehen. Was nützt mir das Wissen, wenn ich diese in meinem Kontext nicht einsetzen kann. Und da sind wir wieder: was bringt es mir eine wissenschaftliche Abschlussarbeit schreiben zu können, das werde ich jenseits einer wissenschaftlichen Karriere wohl nicht brauchen können
Fazit: : Wahrscheinlich wird es immer wichtiger bei Arbeiten eine Art Forschungstagebuch oder andere Möglichkeiten der Nachvollziehbarkeit einzufordern. Auf der anderen Seite müssen sich die Universitäten bewusst werden, dass die Mehrheit der Studierenden an der Praxis vorbei ausgebildet werden. Warum immer eine allein im Stillen Kämmerlein geschriebene Diplomarbeit am Schluss.
Eine interessante Abschlussarbeit könnte doch auch gut gemachtes und dokumentiertes Projekt sein - womöglich noch in einer Gruppe erstellt. Da kann man dann noch wirklich was fürs Leben lernen