Besuch im Flakturm

Die Wiener Flaktürme sind ein Stück ungewollte Geschichte. Alle kennen sie - groß in den Parks stehend - Betonklötze die aufgrund ihrer Beschaffenheit und der Nähe zu Wohnraum nie gesprengt werden konnten (wie dies in Berlin und Hamburg der Fall war). Jahrelang wurde nicht über sie gesprochen, und sie wurden nur sehr wenig genutzt. In den letzten fünfzehn Jahren hat sich einiges geändert. Es wird über Nutzungskonzepte diskutiert, Kletterwände wurden errichtet und vieles mehr.

Heute hatt ich die die Gelegenheit den Flakturm im Arenbergpark von innen zu sehen. In dem Park, wo ich meinem Großvater oft lange beim Schachspielen zugeschaut habe, erinnere mich ein bisschen wehmütig zurück und bemerke, dass die Türme zwar dastanden, aber nicht vorhanden waren. Sie waren ein Klotz in der Stadtlandschaft, oder das was den Park doch sehr klein machte. Nur manchmal schauten wir rauf - und überlegten, wie wir da wohl rauf kommen könnten, ohne es jemals in irgendeiner Form zu probieren. Zu beeindruckend waren die glatten Betonwände.

Eine gute Einführung zu den Wiener Flaktürmen gibt es bei Wikipedia (eh kloa). Die Türmewurden immer in Paaren gebaut und bilden ein Dreieck rund um die Wiener Innenstadt, die durch sie verteidigt werden sollte. Da alle Türme in zu großer Nähe von Bauwerken stand, wurden sie nach dem zweiten Weltkrieg nicht gesprengt, sondern bis auf einige wenige Nutzungen im Grunde links liegen gelassen. So schaut also der Leitturm im Arenbergpark aus, den wir besichtigt haben.

Leitturm Arenbergpark

Gleich zu Beginn begrüßen uns Schilder, die uns schnell einen wichtigen Zweck des Flakturmes in Erinnerung rufen. Er hatte neben der Abwehrfunktion auch Schutzcharakter. Unterschiedliche Bevölkerungsgruppen konnten bei unterschiedlichen Eingängen Zuschlupf suchen - solange es rasch geht.

HInweisschild im FlakturmHInweisschild im Flakturm 2


Allzuviel gibt es nicht zu sehen, während langsam über 8 Stockwerke hochsteigen. Auffallend immer wieder künstlerische Installationen von einem interessant klingenden Projekt. Offensichtlich scheint es hier aber Konflikte zwischem dem "Archäologen" und den KünstlerInnen zu geben - wer darf was mit den Kunststücken machen? - lautet einer der Konfliktfragen - gar nicht so leicht zu beantworten. Während unser Führer dem Kunstprojekt eher negativ gegenüber steht - sind viele von uns auch beeindruckt, was hier alles gebastelt wurde. Hier zwei Beispiele:

Moderne Hieroglyphen

Europa anders


Und offensichtlich werden hier auch Feste gefeiert - schaut nicht schlecht aus, und gestört wird auch niemand.....

Party im Flakturm?

Wirklich toll wird es aber, wenn man nach vielen vielen Stufen auf einmal oben auf der Plattform steht - der Wind uns zwar in unglaublicher Kälte um die Ohren aber die Aussicht mindestens genau so unglaublich ist - und bei der tiefen Balustrade verstehen wir auch, warum es keine regelmäßigen Führungen gibt, und warum wir alle einen Zettel unterschreiben mussten, den Turm auf eigene Gefahr zu betreten.

Aussicht auf den Gefechtsturm

Auf der Balustrade

Rudolfstiftung vom Flakturm

Aussicht vom Flakturm

Insgesamt - ein ziemliches Erlebnis - arschkalt, aber toll.... Vielleicht wird in einigen Jahren eine Flakturmführung ein ähnlicher Geheimtip sein, wie die "Dritte Mann Führung" - ich wär dafür...
blank info
die_launische - 28. Jan, 10:35

ich gabe gerade beschlossen...

... diese führung zu machen, wenn ich das nächste mal in wien bin :) danke für den tipp!

der eigenartigste und unheimlichste flakturm steht meiner meinung nach in hamburg:


unheimlich v.a. deshalb, weil davor dieser rummelplatz steht. wenn man aus der u-bahn kommt (haltestelle feldstraße [nette gegend übrigens]), dann wird man vom turm mit seinen spielbuden schier erschlagen.

silmanja - 28. Jan, 16:47

das ist allerdings heftig - flakturm und rummelplatz - und auffallend viele fenster hat der turm - wie wird denn der genutzt?

zum thema führung ein in kürze folgendes weiteres posting...
die_launische - 28. Jan, 23:40

das weiß ich leider nicht, da ich da immer nur vorbeiging. hatte leider keine zeit, um ihn mir näher anzuschauen.
Hamburgerin (Gast) - 4. Feb, 23:21

Der "Rummelplatz" ist der Hamburger Dom. Ein Jahrmarkt, der nicht ständig auf dem Heiligengeistfeld ist. Der Flakturm wird meines Wissens nach für Fotostudios etc. genutzt. Er ist unter anderem auch als "Medienbunker" bekannt. Daher auch die Fenster. Die waren von vornherein geplant, da es vorgesehen war, die Bunker nach dem Krieg der zivilen Nutzung zuzuführen. Im Zuge der Demilitarisierung mußten Bunkeranlagen entfestigt werden, das heißt: Fenster rein.

Schönen Gruß aus dem Norden!
silmanja - 5. Feb, 19:38

vielen dank für die info, offensichtlich wurden die verbliebenen Türme in Hamburg schon früher benutzt - wieder ein zeichen für die rückständigkeit österreichs in der vergangenheitsbewältigung..... gruß aus dem süden......
catebanshee - 28. Jan, 15:03

Fixpunkt

Das werd ich dann wohl auch zu machen probieren, wenn ich mal wieder nach Wien komme. In Innsbruck gibts ja eigentlich keinerlei Spuren von damals - war wohl zu schwer zu bombardieren, oder man sah keinen Sinn dahinter.

Danke für den Bericht :)

steppenhund - 28. Jan, 16:07

Danke. Macht Appetit - aber im Sommer;)

silmanja - 28. Jan, 16:51

Ihr Lieben

Es freut mich, soviel Interesse für die Führung hervorzurufen. Allerdings finden diese eben nicht regelmäßig statt und werden auch nicht ausgeschrieben. Ich war auf einer Führung, die über die ÖH Boku organisiert wurde. Behördlich ist das Ganze nicht so einfach - so mussten wir auch einen Zettel unterschreiben - dass wir die Gemeinde für rein gar nichts belangen können - aber es ist einfach nicht öffentlich zugänglich

Der Historiker, der sich seit Jahren mit dem Thema beschäftigt heiss Marcello la Speranza. Ich denke, man muss einfach bei ihm anfragen - und einen Termin für eine Gruppe vereinbaren - die sich vorher schon zusammengefunden hat....

Marcus (Gast) - 30. Jun, 18:31

Flakturm?

Die Türme sind doch nicht zur Fliegerabwehr. Das sind die Stelzen,der von den Nazis geplanten Autobahn-Magistrale Wien-Prag-Dresden-Berlin. Die ist leider kriegsbedingt im Anfangsstadium stecken geblieben...
Mir hat vor kurzem ein Bekannter (1/2 Ö - 1/2 D) schmunzelnd erzählt, dass er seinen Gästen aus Deutschland beim Besuch des Augartens immer diese Geschichte aufs Auge drückt...und die sind ganz sprachlos, ob der Dimension. Jaja, wenn Wiener Schmäh deutschen Humor trifft ;-)

silmanja - 5. Jul, 00:45

eine schöne geschichte - die merk ich mir sicher ;-)

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